Musik in der Betreuungsarbeit
Musik ist eine Sprache, die jeder versteht. Musik weckt Erinnerungen. Musik entspannt oder belebt. Musik kann auf eine ganz bezaubernde Weise aktivieren. Musik zaubert oft ein Lächeln ins Gesicht. Musik hat auf viele Menschen eine ganz besondere Wirkung. Jeder Mensch hat in der ein oder anderen Weise eine Beziehung zu Musik: Musik ist ein Universalschlüssel, zu Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen. Doch wie kann man diese Möglichkeiten nutzen, und wie lässt sich Musik in der Betreuung von Senioren einsetzen?
Musik öffnet die Tür zur Vergangenheit
Vor allem Senioren verbinden mit Musik häufig viele Erinnerungen. Bei Festen oder Geburtstagen wurde früher das Liederheft und die Gitarre oder das Akkordeon herausgeholt und sehr viel gemeinsam gesungen. Der Zugang zu den ganzen Medien, wie Schallplatten oder Radio, war damals noch nicht so vielfältig und unkompliziert möglich wie heutzutage. Deshalb ist die Musik häufig ein ganz besonderer Schlüssel zu den verschiedenen Erinnerungen und kann Erstaunliches wecken. Beispielsweise kann ein einziges Lied einen Senior an einen kompletten Urlaub erinnern, weil dieses Lied auf der Fahrt dorthin mit der Familie gemeinsam gesungen wurde. Wird dieses Lied nun gespielt, erinnert sich der Senior plötzlich an die Fahrt, das leckere Eis, was es dort gab, die Urlaubsbekanntschaft am Strand oder das Zimmer in der Unterkunft, welches man sich mit dem Bruder geteilt hat.
Nicht nur Erinnerungen der Kindheit oder der frühen Jugend können geweckt werden. Jede Lebensphase hat ihre eigene „Musikliste“ mit wichtigen Stücken. Das Wissen über diese Liste ist sehr wertvoll und kann ein Türöffner sein in der Arbeit mit Senioren, vor allem mit einer Demenz.
Musik als ganzheitliches Erlebnis
Das Hören eines ruhigen Musikstückes kann außerdem ganz spezielle Emotionen wecken und zur Entspannung des ganzen Körpers beitragen. Die Herzfrequenz und die Blutdruckwerte sowie die Ausschüttung von Stresshormonen können merklich sinken. Genauso ist Musik aber auch belebend, Rhythmen sind körperlich fühlbar, tiefe Tonlagen schwingen in unserem Körper. Musik ist damit ein ganzheitliches Erlebnis und erreicht sowohl Körper als auch Geist.
Neben den ganzen Erinnerungen und Emotionen, die durch die Musik geweckt werden können, verbindet die Musik die Menschen natürlich auch. Franz-Peter Huber, der Domkapellmeister des Domchors in Fulda, hat vor einigen Jahren mit der Caritas den „CaritasChor 65Plus“ gegründet, der heute von Benediktinerschwester Hildegard geleitet wird. Hier stellte er schnell fest, dass die wöchentlich stattfindende Probestunde für einige Senioren und Seniorinnen ein ganz besonderes Ereignis – manchmal sogar das Wochenhighlight – ist.
Man singt gemeinsam, hat viel Freude, arbeitet zielorientiert auf ein Ergebnis hin, was wiederum den Zuschauern eine große Freude bereitet. Das alles lässt auch im hohen Alter eine ganz neue Gemeinschaft erleben. Musik schafft also Freude, Zuversicht und vermittelt Gemeinschaftsgefühl. Die Gruppe probt extra nicht spät in den Abendstunden, sondern vormittags oder nachmittags, sodass viele Senioren und Seniorinnen eine Möglichkeit haben, sich dieser Gemeinschaft anzuschließen.
Tipp:
Musikgruppen oder Chöre für Senioren gibt es nicht nur in Fulda, sondern auch in anderen Städten und Gemeinden. Sie sind oft ehrenamtlich, kirchlich oder städtisch organisiert und sind eine tolle Möglichkeit, Musik zu erleben und mit Anderen in Kontakt zu kommen
Musik als Mittel der Kommunikation
Ein weiterer Vorteil der Musik ist die Kommunikationsebene, an der sie sich bedient: „Durch die Musik kann man manchmal Menschen erreichen, die durch Worte nicht mehr erreicht werden können – wo Worte nicht mehr ankommen“, sagt Franz-Peter Huber. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und verbringt täglich mehrere Stunden damit, Musik zu machen und anderen die Botschaft der Musik nahezubringen. Er ist immer wieder fasziniert davon, „dass man die Menschen auf einer ganz besonderen Herzensebene erreichen kann“. Durch die Musik können tiefgreifende Emotionen ausgelöst werden, auch bei schwer kranken Menschen.
Für Senioren und Seniorinnen mit einer Demenzerkrankung ist die Musik oft eine Möglichkeit, sich auszudrücken. Viele verschlossene und in sich gekehrte Senioren blühen mithilfe der Musik auf, bewegen sich plötzlich, summen die Melodie mit oder es gelingt Ihnen besser, Blickkontakt zu halten. Sie können so ausdrücken, was ihnen mit Worten nicht mehr gelingt.
Zugang zur Musik ermöglichen
Doch wie können Senioren und Seniorinnen mehr Zugang zu Musik bekommen, auch wenn sie nicht die Möglichkeit haben, in einem Seniorenchor oder einer Musikgruppe für Senioren teilzunehmen? Franz-Peter Huber betont, wie wichtig es sei, dass die Senioren überhaupt erstmal die Möglichkeit haben, zu Hause oder im Heim Musik hören zu können. Und das nicht unbedingt nur mit anderen zusammen, sondern auch jederzeit und selbstbestimmt. Dies könnte durch einen einfach zu bedienenden Kassettenrekorder, CD-Player aber auch einen Schallplattenspieler ermöglicht werden. Der Schallplattenspieler weckt zudem natürlich nostalgische Erinnerungen.
Musikalisch aktiv werden
Auch Senioren und Seniorinnen, die in einem Seniorenheim wohnen, können durch gemeinsame Gruppenangebote oder gemeinsames Singen mit Betreuungskräften regelmäßig ihre Freude mit der Musik ausleben. Ein weiterer „Musikkanal“ können kleine Konzerte von Musikgruppen oder Chören sein, die regelmäßig in die Heime kommen, um dort gemeinsam mit den Senioren und Seniorinnen zu musizieren. Zusätzlich können geschulte Kräfte, wie beispielsweise Musikschullehrer, die Heime besuchen und dort gemeinsam mit den Seniorinnen und Senioren musizieren. Auch im hohen Alter ist es noch möglich, wieder ein Instrument zu spielen oder neu zu lernen. Das könnte beispielsweise in Kleingruppen mit nahezu allen Instrumenten unter gezielter Anleitung geübt werden. So kommen vielleicht lange nicht mehr angewendete Talente, wie das Akkordeon spielen, zum Vorschein. Außerdem macht das gemeinsame Musizieren in der Gruppe doch gleich nochmal viel mehr Spaß.
Musik bei Media4Care
Auch in unserer App finden Sie zahlreiche Möglichkeiten, mit den Senioren und Seniorinnen gemeinsam zu musizieren. Sie finden ruhige Musik zur Entspannung, viele Lieder von damals und auch zahlreiche Lieder zum Mitsingen. Hier ist sicherlich für jeden Geschmack etwas dabei. Unsere Inhalte eignen sich sowohl für Gruppen- und Einzelangebote als auch für ihren geschützten Bereich.
Vor allem in der Weihnachtszeit wird vermehrt Musik gehört, um sich auf das Fest einzustimmen. Auf unserem Tablet finden Sie seit neuestem neue Weihnachtslieder, die uns der Domchor Fulda dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat.
Sie finden hier:
- Es ist ein Ros entsprungen
- Zu Bethlehem geboren
- Still, still, still
- Ich steh’ an deiner Krippe hier
- Vom Himmel hoch, da komm ich her
Wer Interesse an weiteren Liedern des Domchors hat, kann sich über die vielfältigen Aufnahmen auf CD informieren. Auch einige Konzerte sind geplant. Zu nennen ist hier auch das Konzert “1000 Lichter im Dunkeln” im Januar 2024. Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.domchor-fulda.de/choereamdom/
https://www.domchor-fulda.de/choereamdom/gottesdienste_konzerte/
https://osthessen-news.de/n11754868/1-000-lichter-im-dunkeln-weihnachtliche-festklange-im-dom.html
Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/179297/Einfluss-unterschiedlicher-Musikstile-auf-das-Herz-Kreislauf-System
Ihara, E.S., Tompkins, C.J., Inoue, M. & Sonneman, S. (2019). Results from a person-centered music intervention for individuals living with dementia. Geriatrics & Gerontology International, 19(1), 30–34.
Kleinen, G. (2008). Musikalische Sozialisation. In: H. Bruhn, R. Kopiez & A.C. Lehmann (Hrsg.), Musikpsychologie: Das neue Handbuch (S. 37-66). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.