Die Ziele der kultursensiblen Pflege
In der Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund braucht es viel kulturelles Verständnis, um das Wohlbefinden der zu pflegenden Person wahren zu können. Genau hier setzt die kultursensible Pflege an und bildet Pflegepersonal darin aus, als Mittler zwischen den Kulturen agieren zu können. Absolut notwendig, denn über acht Prozent, der im Sinne des SGB XI pflegebedürftigen Personen, haben einen Migrationshintergrund. In den kommenden 20 Jahren werden es schätzungsweise 12,5 Prozent sein. Einen multikulturellen Reichtum, der all unseren Respekt verdient.
Mit der kultursensiblen Pflege soll erreicht werden, dass pflegebedürftige Personen selbst unter schwierigen Bedingungen (z.B. Heimunterbringung oder Pflegepersonal mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund) nach ihren individuellen Werten, kulturellen und religiösen Prägungen leben können. Kultursensible Pflege ist deshalb vor Allem auch individuell; sie geht in jeder Situation erneut auf die Bedürfnisse des zu Pflegenden ein und bezieht den kulturellen Hintergrund dabei mit ein. Die aus dieser Sichtweise resultierenden ethischen Richtlinien ließen sich problemlos auf die herkömmliche Pflege übertragen. Denn jeder Pflegebedürftige hat eigene, individuelle Bedürfnisse und sollte nicht verallgemeinert werden.
Umsetzung der kultursensiblen Pflege
Kultursensible Pflege ist ein Begriff, der noch nicht in allen Infrastrukturen der Pflege etabliert ist. Die klare Antwort vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend dazu laute lautet: “Nein, Rezepte gibt es nicht. Es geht um situatives Handeln in der Pflege, um Aushandlungsprozesse. Dies ist erlernbar.” Deshalb gibt es mittlerweile spezielle Weiterbildungen, die Pfleger und Pflegerin zusätzlich qualifizieren, um gezielt und systematisch die Situation beurteilen und auf die jeweilige Person eingehen zu können.
Des Weiteren lernen sie, Gespräche mit den Pflegebedürftigen und Angehörigen zu initiieren und lösungsorientiert durchzuführen. Wie schon im letzten Beitrag berichtet, wird empfohlen, dass Einrichtungen zum Beispiel einen Mitarbeiter zum Kulturlotsen qualifizieren, der dann als Mittler zwischen den Kulturen fungiert, Spannungen löst und Ängste nimmt.
Mittlerweile bieten einige Hochschulen eine qualifizierte Weiterbildung an, die sich hauptsächlich an ausgebildete Pfleger und Pflegerinnen richtet. Allerdings kann dies auch von Personen, die eine einfache Tätigkeit in der Pflege professionalisieren möchten, belegt und mit der Qualifikation „Fachkraft in der kultursensiblen Pflege (MHD)“ abgeschlossen werden. Die Teilnehmer lernen, wie sie mit den unterschiedlichen (sozio-)kulturellen und religiösen Besonderheiten umgehen und eventuelle Sprachbarrieren mit unterschiedlichen Methoden, wie die Nutzung von Bildkarten, überwinden. Zudem werden auch das methodische Arbeiten, wie zum Beispiel die Biografiearbeit, sowie unterschiedliche Erzähl- und Zuhörparadigma gelehrt.
Pflegeeinrichtungen speziell für Migranten gibt es noch nicht. Zwar eröffnete die private Marseille-Kliniken AG in Berlin, als erstes Unternehmen bereits 2006 das erste Alten- und Pflegezentrum für türkische Senioren „Türk Huzur Evi“, das „Haus zum Wohlfühlen“ im Berliner Stadtteil Kreuzberg, aber änderte, nach nur fünf Jahren, mangels Nachfrage das Geschäftsmodell und spezialisierten sich auf Demenzkranke. Dennoch gibt es Hoffnung dank engagierter Frauen wie Nadia Qani. Gründerin des Pflegedienstes „kultursensibel“, der sich ausschließlich auf die kultursensible Pflege konzentriert. Sie selbst kommt aus Afghanistan und hat den Bedarf schon früh erkannt.
Seit fast 25 Jahren setzt sie sich dafür ein, die deutsche Pflegeversicherungsbürokratie mit den Bedürfnissen von Migranten in Einklang zu bringen. „Wir brauchen dringend spezielle Altenheime für Migranten“, so Frau Qani laut eines Artikels in der Frankfurter Allgemeine. Hier zu entnehmen ist auch, dass Frau Qani bereits versucht hat, an der Niddastraße im Bahnhofsviertel Frankfurt ein entsprechendes Projekt umzusetzen. Den Zuschlag für zwei Häuser, die dort in Frage gekommen wären, hat sie aber nicht bekommen.
Wie sieht kultursensible Pflege bei Demenz aus?
Die Pflege von Demenzpatienten erfordert viel Fingerspitzengefühl, ebenso wie in der interkulturellen Pflege. Der richtige Umgang mit dem individuellen Verlauf der Demenz ist hierbei essentiell; lesen Sie hierzu gerne unseren Artikel zum Thema Umgang mit Demenz.